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Warum man beim Imkern eine Gartenschere zur Hand haben sollte

Gleich mal vorweg: der WIRLIG-Hof ist um etwa 8.000 Damen und zwei Königinnen reicher, denn ich habe mir vor nicht ganz drei Wochen einen lang gehegten Wunsch erfüllt und bin jetzt stolze Besitzerin zweier Bienenvölker.

Im Video (nicht erschrecken, der Ton wird nach einigen Minuten plötzlich lauter) erkläre ich einige Details dazu und dazu, wie wichtig es ist, einen erfahrenen Imker an der Seite zu haben, der einen über die Schulter schaut. Nach langem Überlegen, wo ich gesunde, ruhige Völker auftreiben sollte und wo denn jetzt bei uns am Hof ein windgeschützter, für den allergiegeplagten Ehemann weit genug entfernter, für den Dachs unzugänglicher, vor neugierigen Schweinenasen gefeiter und doch nahe genug am Gemüsegarten und der Streuobstwiese gelegener Platz sein könnte (wirklich, ich habe meine Hochzeit in kürzerer Zeit geplant), orderte ich im April dann meine neuen Helfer im Garten.

Bestellt waren die Bienen eigentlich für Juni, aufgrund der Hitzewelle hatte sich die Lieferung jedoch bis Juli hinausgezögert, genau an dem Tag, bevor mein Imkerpate in seinen wohlverdienten Urlaub entfleuchen wollte. Die Spedition war bei der Zulieferung pünktlich, der Altimker noch pünktlicher, das Wetter war mit leichten Nieselregen perfekt für das Einsetzen eines durstigen Bienenvolkes, Rähmchen und Magazine brav vorbereitet und die einzelnen Arbeitsschritte abgeklärt. Der Smoker wurde entzündet, die Imkerkleidung angelegt und der erste Karton (die Verpackung zeige ich euch im Video) vorsichtig geöffnet…leichte Nervosität machte sich bei mir breit. Jetzt galt es, durchzuatmen, Ruhe zu bewahren und meinen inneren Monolog auf Eis zu legen: wird es ein friedliches Volk sein (letztendlich wurde den Bienen nachts die Bettdecke über den Kopf gezogen, um sie dann in Lieferwagen zu verfrachten und am nächsten Tag an einem komplett fremden Ort mit unterschiedlicher Vegetation und viel höher gelegen wieder abzusetzen)? Lässt sich die Königin gleich finden (ja, denn sie ist gezeichnet)? Haben möglichst viele Bienen überlebt (etwas Totenfall war in der Kiste, die Anzahl hielt sich jedoch in Grenzen)? Ist das richtige Material im Smoker, um die Bienen zu beruhigen (merke: Zunderschwamm, der zu alt ist, brennt nicht sehr gut)? Werden sie genug Futter finden (dadurch, dass wir die Weide heuer nur zum Teil gemäht haben, gibt es genug Blüten direkt vor ihrer Haustür)?


Und mein Papa meinte nur lapidar: die Bienen richten es sich schon, sie brauchen nur ein wenig Unterstützung und Beobachtung von unserer Seite. Ganz alteingesessener Imker halt…


Das erste Rähmchen wurde aus dem Karton genommen und in die neue Beute eingesetzt: jawohl – passte! Das zweite ebenfalls! Nun kam die Brutwabe voller Bienen inklusive Königin an die Reihe (bloß nicht die Grand Dame verlieren!!!) und: diese passte nicht!!! Die nachfolgende Futterwabe ebenfalls nicht! Was zum …?!

Bevor ich Frischling überhaupt realisiert hatte, was zu tun ist (wir konnten die Wabe ja schlecht irgendwo bis zum nächsten Jahr zwischenparken), lief folgender Dialog ab: „Losdüsen und Gartenschere holen, aber zackig!“ „Wie jetzt Gartenschere?“ „Nicht reden! Laufen, hop, hop!“ Meine Beine setzten sich in Bewegung und auf dem Weg zu meiner Werkstatt meldete mein Gehirn zurück, dass das Kürzen der Ohren am Rähmchen wohl tatsächlich die probateste und schnellste Lösung wäre. Und: „guat is gangen, nix is g‘schegn“. Zwei Zwicker mit meiner großen Baumschere und die Waben mit den leicht nervösen Bienen konnten von einem ruhigen Altimker und einer mittlerweile ziemlich nervösen Jungimkerin sicher in ihrem neuen Zuhause verstaut werden. Deshalb kann ich nur empfehlen: schnappt euch einen Imkerpaten (evtl. auch über den Imkerverein), denn Bücher und Videos sind die eine Seite, die Praxis eine ganz andere 😊.


Ich finde es unglaublich beruhigend, vor dem Bienenstock zu sitzen, dem Summen zuzuhören, zu beobachten, wie sich die Bienen zueinander verhalten und den Charakter des Volkes wahrzunehmen. Unlängst bin ich sogar in der Wiese eingeschlafen, bis ich relativ unsanft von einer Ameise geweckt wurde, die mir auf den Oberschenkel pieselte.


Die Bedingungen beim Imkern verhalten sich ähnlich wie beim Garteln: was in einem Jahr funktioniert hat, kann in einem anderen Jahr in die Hose gehen. Jedes Volk tickt anders. Die Natur folgt ihren eigenen Regeln und lässt sich nicht zwingen oder zähmen. Man kann nur mit ihr leben und genau das ist das Schöne daran.


Ich sehe den Besuch eines Imkerbasiskurses bevor man sich Bienen einstellt fast schon als Verpflichtung an. Dabei lässt sich auch ausloten, ob das Imkern überhaupt das Richtige für den/die Interessenten/in ist. Um die österreichische Imkermeisterin Yasmin Zwinz ganz treffend zu zitieren: „Du sollst die Bienen lieben oder lass es bleiben!“


In diesem Sinne: ein fröhliches Summen vom WIRLIG-Hof!

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