…dauert es bis mein Gehirn aus dem Tiefschlaf gerissen die Nachricht, „wir haben einen halben Meter Neuschnee und die komplette Ortschaft ist finster“, verarbeiten kann und mich unter der warmen Tuchent hervor und ins Gewand rein hüpfen lässt.
Vorweg: ich liebe unser Zuhause und das Waldviertel mit den charakterprägenden, wetterbedingten Ecken und den persönlichkeitsbildenden, rauen Kanten. Unsere Sommer ähneln ein wenig den naiven Radlberger-Werbespots und die Winter bis dato…nun ja…
Gemäß den Erzählungen unserer „Alten“ (und das meine ich als Kompliment) im Ort waren die Winter früher so hart und schneereich, dass die Füchse über die Schneewechten direkt über die Dächer in die Höfe marschieren konnten, um sich an Huhn & Gans zu bedienen. Bis jetzt waren wir davon bis auf ein wenig „mit dem Auto mangels Allrad rückwärts den Berg runterrutschen“ verschont geblieben. Dieses Jahr bekamen wir eine leichte Ahnung davon, wie es früher gewesen sein muss.
Insgeheim habe ich Christophs Backup-Notfall-Plan immer als leicht übertrieben eingestuft. Dank seiner Vorsorge hatten wir jedoch beim Stromausfall an einem eiskalten, stockfinsteren Wintermorgen sofort Taschenlampen zur Hand, hatten genug Licht durch gebunkerte Stumpenkerzen, ausreichend Holz für unseren Küchenherd zum Beheizen der Stube vorrätig und nach dem Schneeschaufeln dampfend heißen Frühstückskaffee gebraut mit Instantpulver zur Verfügung.
So romantisch ein Toilettengang bei Kerzenschein anmuten mag, verursachte der Ausfall jeglicher Kommunikationsmöglichkeiten und die Ungewissheit, wie lange denn der Stromausfall dauern würde ein mulmiges Gefühl der Abhängigkeit, das mir überhaupt nicht mundete. Nach vier Stunden war die Trennung von der Zivilisation bereits überstanden, unser Bauernherd bekam von mir als Dankeschön eine Extraschicht Öl auf seine alte Ofenplatte und das nächste „das ganze Zeug braucht kein Mensch“ gegenüber Christoph verkneife ich mir tunlichst…
Apropos Winter…wartet mal, haben wir denn nicht erst gerade Weihnachten gefeiert und das Feuerwerk zu Silvester 2018 verschlafen? Und jetzt ist bereits die halbe Schokolade im Adventskalender verputzt?
Auf meine leicht verwunderte Frage, wo denn bitte das Jahr hingekommen sei, hielt mir Christoph nur eine Reihe von Fotos unter die Nase und meinte lapidar: „Tja, dahin!“: fedrigen Familienzuwachs integrieren, neuen Schweinestall bauen, Massagepraxis eröffnen und Workshopraum sanieren, vor Weihnachten noch schnell einen Brunnen bohren, Erdkeller mauern und die Überdachung fertig machen und den Verschlag für das Brennholz bauen, weil im Winter soll es ja letztendlich warm in der Stube sein.
Und natürlich unser „Monsterprojekt Gewächshaus“ weiter vorantreiben. Der Siegesruf von Christoph kam tatsächlich in letzter Sekunde: die Nacht nach dem Verlegen der Glasplatten läutete Schneefall einige Tage an Dauerfrost ein und zwei Tage später war das Land in eine glitzernde Schneedecke gehüllt.
Ein wirklich verrücktes und ereignisreiches Jahr mit Höhen und Tiefen, Nerven die teilweise blank lagen wie Drahtseile, leidenschaftlichen Diskussionen, großartigen Erfolgserlebnissen und den einen oder anderen Rückschlag, der uns als Paar hat weiter zusammenwachsen lassen.
Ein bissi einen Vogel braucht wohl jeder Mensch und in unserem Fall ist der "Vogel" der WIRLIG-Hof und seine lärmenden, verschmusten, verfressenen Familienmitglieder. Darin steckt unser Herzblut (und der eine oder andere weitere Blutstropfen) und unsere gemeinsame Leidenschaft.
Wir bedanken uns bei allen helfenden Händen, den offenen Ohren, den interessanten Persönlichkeiten und den Zusammenhalt und wünschen allen ein entspanntes Fest! Wir freuen uns auf ein weiteres ereignisreiches Jahr am WIRLIG-Hof!