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Fermentieren: ein Blick über den Sauerkrauttellerrand hinaus...


Gleich vorweg – ich liebe es, Obst und Gemüse einzukochen. Eingekochtes Quittenkompott mit Butterstreuselkruste überbacken – es gibt nichts Besseres an einem kalten Winternachmittag. Oder ein Glaserl Rote-Rüben-Salat als Beilage, der den erdig-würzigen Geschmack des Sommers zu einer frostigen Mittagsstunde auf den Tisch zaubert – einfach großartig.

Trotzdem wollte ich im heurigen Jahr zur Erntezeit eine „kühlere“ Alternative zur schweißtreibenden Tätigkeit des Einkochens finden, weil ein alter Einkochtopf kombiniert mit noch älteren holzbefeuerten Bauernherd selbst bei aller Liebe zum Einkochen bei fast 30 Grad Außentemperatur kein Zuckerschlecken ist.

Nach ein wenig Recherche stieß ich auf die älteste Konservierungsmethode der Welt: das Fermentieren, das wir alle von Sauerkraut, Bier, Sauerteig oder Joghurt und Käse kennen.

Bei der Fermentation (lateinisch fermentum „Gärung“ oder „Sauerteig“) werden organische Stoffe (in meinem Fall Gemüse aus dem Garten) durch Mikroorganismen umgewandelt. Das Wunderbare daran ist: diese Organismen, Hefen oder Bakterien müssen nicht zugesetzt werden, sondern bilden sich von selbst. Alles was ihr beigeben müsst ist, unbehandeltes Salz (d. h. ohne Rieselhilfe oder Jodzusatz) – ich nehme dazu am liebsten Meersalz. Salz dient dabei nicht als Konservierungsmittel, sondern setzt die Fermentierung in Gang, Zucker wird zu Milchsäure umgewandelt und das Gemüse beginnt fröhlich vor sich hinzugären – erkennbar am Blubbern im Glas.

Verspeisen wir fermentiertes Gemüse, wirkt das wie eine Gesundheitskur für unseren Darm, denn Milchsäurebakterien kommen bereits in unserer natürlichen, gesunden Darmflora vor.

Wie funktioniert die Verarbeitung des Gemüses nun genau?

Es gibt im Prinzip zwei unterschiedliche Varianten: Gemüse mit Salz mischen und mit einem Erdäpfelstampfer stampfen oder das Gemüse ins Glas legen und mit Salzwasser auffüllen. Beim Stampfen tritt der Zellsaft des Gemüses aus und braucht nur mehr mit Wasser ergänzt werden. Beim Recherchieren bin ich auf die unterschiedlichsten Vorgehensweisen und Tricks und Tipps dazu gestoßen. Eines haben jedoch alle Varianten gemeinsam: das Gemüse muss ständig mit Flüssigkeit bedeckt sein, da es sonst zu Schimmelbildung kommt!

Die von mir beschriebene Vorgehensweise gilt als Empfehlung aus meinem Erfahrungsschatz, mit der ich die besten Ergebnisse erzielt habe und gibt keine Garantie auf Vollständigkeit.

So wie beim Kochen gilt es ein wenig zu experimentieren und die persönlichen Vorlieben einfließen zu lassen!

  1. Hygieneregeln einhalten wie beim Einkochen! Abgekochte Gläser und Utensilien verwenden, alles was Ausgepatzt wird, muss peinlichst genau vom Gläserrand entfernt werden.

  2. Gemüse waschen, bei Bedarf schälen und zerkleinern und gemeinsam mit Gewürzen und Kräutern fest in Gläser schichten. 20-30 g Meersalz in 1 Liter abgekochtem Wasser auflösen und abgekühlt in die Gläser füllen. Oder: ca. 1 kg Gemüse mit 20-30 g Salz stampfen und 4-5 Stunden stehen lassen, dann in Gläser füllen und bei Bedarf mit abgekochtem Wasser auffüllen. Die Gläser nie ganz anfüllen, da sich bei der Fermentierung das Gemüse ausdehnt. Als Faustregel gilt: die Salzkonzentration sollte 3% des Gemüsegewichtes nicht übersteigen, da es wie oben erwähnt nicht als Konservierungsmittel dient, sondern nur die Gärung in Gang setzen soll. Der Salzgehalt wirkt sich auf die Konsistenz des Gemüses aus, je größer die Stücke sind, desto knackiger bleibt es nach der Fermentation.

  3. Zusätzlich noch eine Prise Salz auf die Oberfläche streuen, mit einem kleineren Glasdeckel (ersatzweise ein Krautblatt, das sich jedoch geschmacklich bemerkbar macht) beschweren und für 4-10 Tage dunkel bei Raumtemperatur stehen lassen. Wer Glück hat, findet auf Flohmärkten noch alte Einlegetöpfe aus Steingut, im Handel sind spezielle Fermentiergläser erhältlich, die die Gase entweichen lassen und eine Explosion vermeiden. Ich verwende meine simplen Bügelgläser bzw. Schraubgläser und lasse die Gläser täglich ganz kurz „rülpsen“, damit die Explosionsgefahr gebannt ist. Unbedingt ein Backblech unterstellen, damit überlaufende Lake aufgefangen wird.

  4. Nach diesen 4-10 Tagen den Deckel oder das Blatt entfernen und die verschlossenen Gläser kühl und dunkel stellen (15 – 18 Grad sind für die Milchsäurebakterien ideal) und mindestens zwei Wochen stehen lassen. Als grobe Richtlinie gilt: Gurken: 1 Woche, Sauerkraut 4-6 Wochen, Wurzelgemüse 7-9 Wochen - je länger das Gemüse fermentiert, desto intensiver wird der Geschmack, da muss jeder sich durchprobieren. Die Haltbarkeit beträgt bei ungeöffneten Gläsern mindestens ein halbes Jahr und länger.

Bei der Zusammenstellung der Zutaten kommt es wirklich auf die Experimentierfreudigkeit und den persönlichen Geschmack an: Karotten mit Thymian, Knoblauch, Koriander und Ingwer (mein Topfavorit); Gurken mit Knoblauch, Lorbeer, Senfkörnern und Zwiebeln; Fisolen mit Bohnenkraut und Zwiebeln; Rote Rüben mit Kren und Ingwer…im Internet lassen sich die unterschiedlichsten Rezepte dazu finden.

Und wie in einem vorigen Blogbeitrag erwähnt: unsere Hühner und Enten lieben fermentiertes Futter. Im Abstand von drei Tagen setzen wir Getreide und Kukuruz mit Wasser bedeckt an und verfüttern das leichter verdauliche, hochwertigere, fermentiere Futter an unsere Tiere. Die Hühner haben ein dichtes Federkleid, obwohl jetzt Zeit für die Mauser wäre, die Federn glänzen und weder Enten noch Hühner haben Probleme mit Durchfall.

Fermentieren bietet ein großartige Möglichkeit, eigenes Gemüse angereichert mit Vitaminen und Mineralstoffen auf umweltfreundliche Weise für den Winter zu konservieren.

Sollte die Chinakohlernte im nächsten Jahr ergiebig genug sein, wird auf alle Fälle „Kimchi“ angesetzt um ein wenig Sommer im Glas einzufangen!

In diesem Sinne: viel Spaß bei dieser einfachen, kreativen Methode um Gemüse zu konservieren!

Und: Obacht mit dem Knoblauch!!


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